Das Orkantief „Nadine“ hat
dafür gesorgt, dass wir früher als geplant Madeira verlassen haben und zu den
Kanaren gesegelt sind. Beim täglichen Blick auf die Wetterkarte im Internet
zeigte sich am Montag gänzlich unerwartet ein im Zentrum lila gefärbtes Auge,
das sich genau in unsere Richtung verlagerte. Lila steht für Winde über 55 kn,
die aus Südwest auf die Häfen von Madeira treffen sollten. Schon in der Nacht
hatten wir zwar kaum Wind, aber stärkeren Schwell im Hafen, der das Schiff
unangenehm in die Leinen einrucken ließ. Am nächsten Morgen brach Hektik unter
den Seglern aus. Es hieß, der Hafen sei bei solchen Bedingungen nicht sicher
und es wurde über Schreckensbilder wie reißende Leinen, aufschwimmende Stege
usw. gemutmaßt.
Also folgte allgemeine
Aufbruchstimmung, die auch uns erfasste. Für die kommenden drei Tage waren noch
ruhige Bedingungen vorhergesagt. Alternative 1, unserer ursprünglicher Plan,
sah die Überfahrt nach Quinta do Lorde auf der Insel Madeira vor, von wo aus
wir nach einigen Tagen zu den Kanaren aufbrechen wollten. Nachteil: wir könnten
eingeweht bleiben und nicht rechzeitig zum Familientreffen nach Graciosa
kommen.
Also Alternative 2: direkt
zu den Kanaren und dort eine Woche früher als geplant eintreffen. Außerdem nicht
die Insel Madeira besuchen und kein Auffüllen unserer Gasflasche, was dort wohl
möglich gewesen wäre.
Nach weiteren zwei Stunden
und vielen Beratungen unter den Seglern stand fest, dass wir nach Graciosa
aufbrechen. Also hieß es Aufräumen, Wasser bunkern und Rechnung bezahlen. Am
frühen Nachmittag hatten wir, wie die meisten anderen Segler auch, den Hafen
von Porto Santo verlassen.
Es folgten zwei ruhige
Tage auf dem Meer, mit schwachen Winden aus Nord bis Nordost. Der Wind reichte
nicht aus, um uns mit annehmbarer Geschwindigkeit segeln zu lassen, sodass wir
den Motor ständig langsam mitlaufen lassen mussten. Das war störend. Schön war
die gemächliche Berg- und Talfahrt über eine hohe und lang gestreckte Dünung,
die uns wie im Tal zwischen Bergen oder hoch auf dem Rücken einer Woge mit
weitem Blick fahren ließ.
Mit Hilfe eines
Bodenbretts aus dem Beiboot hatten wir uns eine bequeme Liegefläche vor dem
Niedergang geschaffen, wo wir während der Wache in der Nacht dösen konnten. Am
zweiten Tag ließ der Wind weiter nach und wir konnten am aufgebauten
Cockpittisch essen.
Keine Seekrankheit trübte
das Wohlbefinden, nur die Müdigkeit wegen zu kurzer Schlafphasen ließ uns etwas
durchhängen. Unser Wachsystem kann wohl noch verbessert werden.
Eine schule Delfine hat
uns einige Zeit begleitet, immer wieder ein schönes Ereignis. Ein Fliegender
Fisch ist auf unserem Deck verendet und ein großer Fleck schwarzer Brühe an der
Seite zeugt wohl von einem fliegenden Tintenfisch.
Nach zwei Nächten tauchten
am Morgen die Berge von Lanzarote und den vorgelagerten Inseln auf.
Gegen
Mittag konnten wir La Graciosa ausmachen und um 15:00 Uhr liefen wir in den
Hafen vor dem Ort Caleta del Cebo ein. Eine Ansammlung von flachen
weißgetünchten Häusern mit einigen Palmen dazwischen, vor den Vulkankegeln
einer ansonsten völlig kahlen Insel.
Der Ort hat einen ganz
eigenen Charme, mit den ausschließlich aus Sand bestehenden Wegen und breiten
Strassen und den vereinzelten Landrover, die als Taxis oder für Safaritouren
unterwegs sind. Ansonsten ein reiner Fußgängerort.
Am Hafen einige Restaurants
und Läden, die den durchaus vorhandenen Tourismus aus Lanzarote bedienen.
Außerhalb des Ortes nur Pisten oder knöcheltiefe Sandwege, die man nicht zur
Mittagszeit, wie wir es versucht haben, erwandern sollte. 2,5 Km südlich des Hafens liegt die Playa Francesa, eine
einsame Bucht in der Segelboote ankern können.
Damit haben wir unser
Ziel, die Kanarischen Inseln, erreicht. So ganz fassen können wir es selbst
noch nicht.
Die kommenden drei Wochen
werden wir hier auf Graciosa bleiben, die Insel erkunden und den Familienbesuch
genießen.
Dann geht es irgendwann
weiter nach Lanzarote und Fuerteventura.