Mittwoch, 8. Mai 2013

Jacaré, 8. Mai 2013



Unser ursprüngliches Ziel, mit dem Mietauto in zwei Tagen bis Salvador in Bahia zu kommen haben wir schon am Mittag des ersten Tages aufgegeben. Allein die Fahrt bis Recife hat wesentlich länger gedauert als angenommen. Die Autobahn dorthin ist in weiten Strecken gut ausgebaut, mutiert aber in jeder größeren Ortschaft fast zur Dorfstrasse. Pferdewagen, querende Radfahrer, Bodenwellen, Radarkontrollen und Schlaglöcher behindern das Fortkommen. Besonders anstrengend war die Umgehungsstrecke um Recife. Dichter Verkehr, badewannengroße Löcher, Lastwagen, die mit brachialer Gewalt rechts und links an uns vorbeidonnerten, Regen, Dreck. Danach war uns dringend nach Entspannung zumute und wir strebten zum nächsten Strand. Das war dann ausgerechnet Porto de Galinhas, einem auch für ausländische Touristen bekanntes Ziel. 



Glücklicherweise liegen wir hier zurzeit weit außerhalb der Saison. Wir hatten keine Schwierigkeiten eine bescheidene und freundliche Pousada (B&B) zu finden und auch der wirklich schöne Strand war belebt aber nicht überlaufen. 


Dort haben wir dann bis zur Abenddämmerung direkt am Wasser gesessen, Caipirinha getrunken und etwas gegessen. Spätestens da waren wir uns einig, unsere Ziele für die kommenden Tage wesentlich bescheidener zu setzen.
Die nächste Etappe führte uns nach Maragogí im Staat Alagoas, wieder ein schöner kleinerer Ort am Meer.



Die Strasse dorthin war auch nicht ohne Tücken. Alle paar Kilometer fehlten einige hundert Meter Asphalt und die Fahrbahn bestand stattdessen aus Sand, Schlamm und  ziemlich großen Pfützen. 


Am fünften Abschnitt dieser Art war eine ziemlich große Pfütze. Ein junger Mann, der quasi als Pegel im Wasser stand, winkte uns ermunternd zu, wir könnten ruhig durchfahren. Wir haben darauf verzichtet und sind den ganzen Weg zurück und über eine andere Landstrasse zu unserem Ziel gelangt. 
Der Nordosten Brasiliens ist eine große eher karge Region, in der Trockenheit und Dürre neben den ohnehin schwierigen Lebensbedingungen für  den Großteil der Bevölkerung immer wieder zu Landflucht führen. Der 50 bis 100 Km breite Küstenstreifen dagegen ist fruchtbar und dicht besiedelt. Vom ehemaligen Atlantischen Urwald ist so gut wie nichts übrig geblieben. Das hügelige Land ist fast vollständig von Zuckerrohrpflanzungen bedeckt.


Die kleinen Waldreste (eher Baumgruppen) am Ufer der Flüsse und die Siedlungen geben der Landschaft trotzdem ein abwechslungsreiches Gesicht.  Die Fahrt auf den verkehrsarmen Nebenstrecken war sehr schön. Die Häuser auf dem Land, oft weiß getüncht und umgeben von roter Erde und üppigem Grün, sind malerisch. Flattert noch bunte Wäsche auf der Leine und steht ein gesatteltes Pferd davor (oft zu sehen), wirk es äußerlich wie ein Idyll. 




In den Ortschaften sieht es etwas anders aus. Durch den vielen Regen kämpften die Menschen in den tiefer gelegenen (und eher erschwinglichen) Wohnlagen gerade gegen Schlamm und Wasser vor und in ihren Häusern. Auch die Hanglagen sind gefährlich. An manchen Stellen war das steil abschüssige Erdreich mit Planen gegen Durchweichung geschützt.


Als Fahrer darf man den Blick aber nicht zu lange schweifen lassen. Die tückischen Bodenwellen lauern natürlich besonders bei den Ortschaften, wo man gerne nach links und rechts schaut.
In Maragogí waren wir die einzigen Gäste der Pousada eines Chilenen, der längere Zeit ausgerechnet in Hamburg gelebt hat. 



Er war wohl von unserem Besuch sehr angetan und freute sich sichtlich mit Hamburgern deutsch reden zu können. Zum Frühstück saß er lange bei uns am Tisch und hat viel vom Aufbau seiner Pousada erzählt, aus der er mit viel Eigenarbeit ein wahres Schmuckstück gemacht hat.

Von dort sind wir nach Caruarú gefahren. Das liegt schon im wesentlich trockeneren Hinterland, ca. 150 km westlich von Recife und ist wegen dem dort produzierten Kunsthandwerk bekannt. Nach dem Überqueren der Wetterscheide durchfuhren wir trockenes und mit Kakteen durchsetztes Busch- und Weideland, ein Kontrast zur nahen Küstenregion. Leider war Feiertag und in Caruarú waren alle Rollläden heruntergelassen. In der Mittagshitze machte die Stadt so einen etwas trostlosen Eindruck. Nach einigen Runden durch den Ort haben wir uns deshalb  neu entschieden und sind den ganzen Weg zurück und nach Olinda gefahren.

Diese sehr gut erhaltene Kolonialstilstadt mit den vielen barocken Kirchen liegt sehr schön auf einem Hügel, nur wenig Kilometer von der Millionenstadt Recife entfernt. 




Alles dort ist natürlich sehr auf den Tourismus eingestellt und auch wir wurden am nächsten Morgen von einem sympathischen jungen Mann angesprochen, der uns erzählte, dass er gerade Deutsch lerne, dass er seine Stadt sehr liebe und dass er uns gerne ein Stück begleiten würde. Er wusste einiges über die Stadt zu erzählen und auch die Jahreszahlen der Erbauung der einzelnen Kirchen konnte er ohne Schwierigkeiten nennen. Als wir uns verabschieden wollten und schon überlegten, dass er wohl etwas Geld erwarten würde, nannte er uns einen recht saftigen Preis für seinen Führungsdienst. Wir haben uns dann auf einen etwas niedrigeren Betrag geeinigt.
Nach einer längeren Fahrt entlang der Küste und zur Insel Itamaracá haben wir auf eine weitere Pousada-Nacht verzichtet und sind nach Jacaré zurück an Bord gefahren.

Hier planen wir schon die nächste Reise. Am 23. Mai fliegen wir für 14 Tage nach Rio de Janeiro. Dort wollen wir wieder ein Auto mieten und die Gegend zwischen Rio und Santos bereisen. Diese Region kennen wir bereits von der Reise vor 20 Jahren, finden aber, dass es sich wieder lohnt. Außerdem können wir dort vielleicht Cousin Sascha und Kindheitsfreund Peter antreffen und besuchen.
Danach, also Mitte Juni, wollen wir hier aufbrechen und über Natal und Fortaleza nach Französisch Guayana und Surinam weiterreisen.

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