Freitag, 29. Juni 2012

Viveiro, 29. Juni 2012


Wir haben es geschafft! Die Biskaya liegt hinter uns. Seit gestern Vormittag liegen wir in Viveiro, einer kleinen Stadt im Norden Galiziens, ca. 35 sm östlich von A Coruna. Die Stadt liegt sehr schön in einer Flussmündung, umgeben von bis zu 500 m hohen Bergen.


Als sich gestern Morgen die Küste langsam aus dem Dunst schälte, waren wir schon erleichtern und froh. Hinter uns lagen zweieinhalb anstrengende Tage, in denen uns hauptsächlich die hohen und teilweise sehr konfusen Wellen zu schaffen machten.

Letzten Dienstag um 8:00 Uhr haben wir Camaret im Nebel verlassen und sind zunächst bei sehr leichtem Wind und einer (für uns) hohen Dünung nach Südwest motort.


Diese weichen runden Wellenrücken waren 2 bis 3 m hoch und ließen uns entsprechend auf und ab fahren und gleichzeitig hin und her rollen. Gar nicht so unangenehm, wenn man sich daran gewöhnt hat. Am ersten Tag hatten wir uns noch nicht daran gewöhnt.


Vorsichtshalber (kann ja nicht schaden…) hatten wir uns ein Skopolamin-Pflaster hinter das Ohr geklebt. Sie bieten angeblich 72 Stunden Schutz vor Seekrankheit. Das Ergebnis war, dass wir beide einen roten, sonnenbrandartigen Ausschlag im Gesicht bekommen haben, dass Petra ziemlich Seekrank wurde und Tom sein Pflaster nach wenigen Stunden nicht mehr finden konnte und befürchtete, dass es an irgendeiner anderen Stelle an seinem Körper klebt.
Mittags hatten wir schönes Wetter mit einem unglaublich blauen Meer, bevor am Abend alles wieder im Nebel versank. Immer in unserer Nähe, aber teilweise nur auf dem Display zu sehen, fuhr Jou-Jou den gleichen Weg. 


In dieser Nacht kamen zum ersten Mal für einige Minuten Delfine zum Schiff. Man konnte sie gut am Schweif von leuchtendem Plankton erkennen, der ihre Form und ihre Schwimmrichtung gut erkennen lässt. Da hüpft das Herz.
Am Abend hatten wir noch vernünftig vom vorbereiteten Auflauf gegessen, Petras letzte normale Mahlzeit während der Überquerung. Über Nacht haben wir uns abwechselnd für einige Zeit hingelegt und so insgesamt etwa zwei Stunden Schlaf zusammen gestückelt.
Gegen Morgen wurde die Sicht besser und Wind aus Ost kam auf, wir konnten segeln. Das Wellenbild wurde chaotisch, da die neuen Wellen aus Ost auf die alte Dünung aus West trafen. Unser Schiff wurde elend hin und her gestoßen und wir mussten uns ständig gut festhalten. Im Schiff flog alles durch die Gegend, was nicht gut verstaut war. Alles begleitet durch eine unglaubliche Kakophonie der Gläser, Flaschen, Teller und Dosen, die in ihren Schapps von einer Seite zur anderen fielen und ein ständiges schlagen, klirren und klopfen verursachten. Auf die Dauer nicht auszuhalten.
Der Tag verging mit abwechselndem segeln und motoren. Irgendwann kam die neue Nacht und der vorhergesagte Südwestwind setzte ein, einige Stunden vor unserer ursprünglichen Erwartung. Christoph aus Kiel (DH2LC), hat uns über Amateurfunk jeweils mittags mit den neuen Wetterdaten versorgt.
Die letzten 18 Stunden hieß es also wieder unter Motor gegen den Wind und den entsprechenden Wellen zu laufen. Der Wind wehte im laufe der Nacht immer stärken und erreichte gegen Morgen 7 Bf (manche Böen auch 8 Bf). Wir und das Schiff wurden ständig mit Salzwasser geduscht. Alles war klebrig und feucht. Petra konnte das alles am besten im liegen ertragen und hat in dieser Zeit zwei halbe Stücke Zwieback und 4 Schluck Wasser zu sich genommen.
Ein wirklich schönes Erlebnis waren die vielen Delfinbesuche während des mittleren Tages. Alle paar Stunden kamen kleinere oder größere Gruppen zu uns und begleiteten das Schiff eine Weile.
Wie mit großer Freude kamen sie von Weitem mit tollen lang gestreckten Sprüngen herbei („wieder ein Schiff!!!“) und schwammen in der Bugwelle oder Tauchten unter dem Bug von einer auf die andere Seite. Welch eine kraftvolle Eleganz!
Auf den vielen Fotoversuchen war leider immer nur spritzendes Wasser zu sehen, sie sind einfach zu schnell.
Außerdem kam in der Nacht ein kleiner Fisch zu uns ins Kockpit geflogen, leider mit tödlichem Ausgang für ihn.


Nun wollen wir einige Tage hier bleiben. Viveiro ist eine nette kleine Stadt, die Atmosphäre  ist sehr angenehm, die Preise günstig und zum Bier und Wein (zusammen 2,20 €) werden unaufgefordert kleine Tapas serviert.


Wir fühlen uns hier spontan sehr wohl und haben große Lust die Gegend näher kennen zu lernen.




Donnerstag, 21. Juni 2012

Camaret sur Mer, 21. Juni 2012


Am Montag (18. Juni) früh um 7:00 Uhr haben wir Treguier bei völliger windstille wieder verlassen. Die morgendliche Sonne schien und die Luft war klar. 

Bei Hochwasser sind die schroffen Felsen weitgehend überspült die Fahrt hinaus auf Meer wirkt harmlos wie auf einer Seenlandschaft.


Im Mündungsgebiet kamen Delfine zum Schiff und schwammen kurze Zeit neben uns. Sie waren offensichtlich neugierig und wollten wissen, wer da durch ihre Gewässer fährt. Das unterscheidet sie von den Schweinswalen in Nord- und Ostsee, die meist unbeeindruckt ihre Bahnen ziehen. Außerdem sind sie größer und eher blaugrau statt braun.
Unterwegs passieren wir die Les Sept Iles, einem Vogelschutzgebiet vor der Küste. Wegen der vielen vorgelagerten Felsen müssen wir immer guten Abstand halten und können das schöne Land nur aus der ferne sehen und leider auch kaum fotografieren.


Am Nachmittag sind wir in der nagelneuen Marina von Roscoff angekommen. So neu, dass es eigentlich nur neue Stege inmitten einer großen Baustelle waren. Wir wurden schon in der Einfahrt von einem Boot empfangen, mit Prospekten eingedeckt und später auch per Boot zum Einkaufen an Land gebracht (die Brücken sind noch nicht fertig). Alles gratuite, kein Liegegeld.

Am nächsten Tag ging es bei schönstem Sonnenschein weiter. Wieder kein Wind. Ab Mittag zog sich der Himmel wieder zu. Am Nachmittag ging es um den Leuchtturm der Ile Vierge nach L’Aber Wrac’h. Ein interessanter Bretonischer Name für einen schutzgebenden Fjord und Hafen in einem Labyrinth aus Felsen und Klippen.


Die Tonnen und kleine Steintürme, die auf einige Felsen gebaut sind, haben hier meist Namen. Nicht alle sind so originell wie der eine in der Einfahrt von L’Aber Wrac’h: „Petit Pot de Beurre“.
Der Ort selbst hat ansonsten nicht viel zu bieten, außer einem besonders schönen Sonnenuntergang an diesem Abend.


Am nächsten Morgen klingelte um 5:30 Uhr der Wecker, den es sollte durch den Chenal du Four (trennt die Ile de Ouessant vom Festland) und in die Bucht von Brest gehen. Da müssen die starken Tidenströme gut berechnet sein, damit man nicht zur falschen Zeit an den kritischen Orten ist. Also um 6:30 Uhr aus dem Hafen, mal wieder bei völlig bedecktem Himmel und keinem Wind. Es ging weiter nach Süden, vorbei am Leuchtturm Le Four, der allseits gut bekannt ist wegen der dramatischen Fotos inmitten brechender Wellen.


Schnell wurden wir durch die Meerenge geschoben und gingen um den Leuchtturm Saint Matthieu in die Bucht von Brest. Damit haben wir den Englischen Kanal endlich verlassen und sind am nördlichen Rand der Biskaya angekommen.

Gestern Mittag um 12:00 Uhr sind wir in Camaret sur Mer angekommen. Dunst und Regenschleier tauchten die Bucht, die umgebenden Hügel und überhaupt alles in Grautöne.

Heute, nach dem ein langes Regengebiet über uns hinweg gezogen war, klarte es auf und alles wirkte freundlich. 



Sonntag, 17. Juni 2012

Treguier, 17. Juni 2012

Treguier ist ein altes Städtchen im norden der Bretagne und liegt an einem Fluss, der sich fjordartig zum Meer öffnet. Bei Niedrigwasser führt das Fahrwasser durch eine wahre Mondlandschaft von Granitformationen, die bei Hochwasser weitgehend überspült ist. Weiter landeinwärts wird die Landschaft grüner und lieblicher, bis nach einer Flussbiegung die grauen Dächer und die Kathedrale von Treguier erscheinen.


Heute Morgen sind wir in St. Quay bei Sonnenschein und einem schönen ablandigen Segelwind gestartet und an der hügeligen Küste entlang gesegelt.  Bei der Ile du Brehat kam die erste Regenfront und der schöne Wind schlief ein. Gleichzeitig verließen wir den Schutz der Küste und eine hohe Dünung schaukelte uns auf und ab. Unter Motor ging es weiter, nördlich um die Insel und die vielen vorgelagerten Felsen herum. Bei Nieselregen mussten die richtigen Tonnen ausgemacht werden, bis es wieder in ruhige Gewässer Richtung Treguier ging. Die Schönheit der Küste kam wegen der schlechten Sicht leider nur teilweise zur Geltung.


Der erste Rundgang führte uns (am Sonntagnachmittag) in die uralte Kathedrale, wo gerade ein Kinderchor vor kleinem Publikum sang. Alles sehr stimmungsvoll.


In Saint Quay waren wir eine ganze Woche, hauptsächlich weil die Wetterausichten für die Weiterfahrt zu ungünstig waren. Der Ort ist aber ganz schön und bietet „alle Versorgungsmöglichkeiten“, wie es in der Hafenbeschreibung heißt. Wir waren sogar bei einer Osteopathin, die Petras Rücken nach Hexenschussartigen Beschwerden wieder eingerenkt hat. Wir haben auch einen Ausflug mit dem Bus nach Paimpol unternommen. Dort war rund um den Hafen allerhand los, weil der Start der Einhandregatta „Solitaire du Figaro“ über die Biskaya bevorsteht. Großer Rummel. Ansonsten standen Dinge an wie Einkaufen, Wäsche waschen, Kleinigkeiten am Schiff reparieren und abends Fußball gucken. 


Bei einer ganzen Woche war auch das Liegegeld billiger, statt der üblichen ca. 30,- € pro Nacht, waren es dort nur 21,-.
Internetzugang ist praktisch überall in den Häfen möglich, meist auch kostenfrei. Manchmal ist aber etwas nicht in Ordnung, und wir kommen nicht an unsere E-Mails.
Von hier aus wollen wir vielleicht in drei Etappen nach Camaret sur Mer, in der nähe von Brest. Das liegt direkt an der Biskaya, die dann früher oder später auf uns wartet.



Dienstag, 12. Juni 2012

Saint Quay Portrieux, 11. Juni 2012

Letzten Mittwoch sind wir von Guersay mit dem Ziel Saint Malo aufgebrochen, weil der Wetterbericht einen guten Segelwind versprach. Hoch am Wind zwar, aber wir sind ja nicht verwöhnt. Als der Wasserstand hoch genug war, dass wir über die Schwelle konnten, ging es los. Nachdem wir noch im Schutz der Hafenbefestigung die Segel setzten, merkten wir noch nicht, dass der Wind, eigentlich wie immer, genau aus der Richtung kam, in die wir wollten. Dazu noch für die kommenden drei bis vier Stunden Strömung von vorn.
Also Segel wieder runter und Motor an und quälend langsam mit 3,5 bis 4 Knoten dem Ziel entgegen, denn wir wollten noch an diesem Tag ankommen. Mittags um 14:00 Uhr hatten wir einigen starke Windböen. Die stärkste, mit 35 Knoten (Windstärke 8) dauerte lange und der Regen prasselte gegen die Sprayhood.
Danach plötzlich guter kräftiger Segelwind. Also Genua und das gereffte Groß gesetzt und frohen Mutes weiter Richtung St. Malo.
Die SY Jou-Jou war nach dem Schauer in einiger Entfernung wieder zu sehen.
Als der Wind langsam schwächer wurde, wollten wir ausreffen. Dazu haben wir den Motor gestartet, um das Schiff in den Wind zu drehen. Dabei sind wir nah an einer Fischerboje vorbei gefahren, die sich mit ihrer langen Leine unglücklich um unser Ruder und den Propeller wickelte. Nicht weit hinter uns folgten nun zwei rote Bojen in gleicher Geschwindigkeit. Mist. Noch 20 Meilen bis St. Malo.
Zunächst konnten wir noch flott segeln aber der Wind nahm konstant ab und bald war klar, dass wir so nicht gut voran kommen würden.
Nach einem Funkgespräch mit Coni und Stefan haben sie angeboten, uns bis in den Hafen zu schleppen, was wir dankbar angenommen haben. Also bei wildem Geschaukel eine lange Leine hinüberwerfen und dann stundenlang genau hinter Jou-Jou herfahren. Die Leine hing immer wieder durch, um sich dann sehnenartig zu spannen, genau wie unsere Nerven.


Spannend wurde es noch mal in der Nähe des Hafens, wo das Fahrwasser von schroffen Felsen begrenzt ist und die starke Querströmung über den Riffen stehende Brandungswellen bildete (es war gerade Springhöhepunkt).
Später (nach 11 Stunden), als wir glücklich im Hafen lagen, ohne Schrammen und nachdem wir das Seil mit Hilfe von aneinander gelaschten Bootshaken losbekommen hatten, fiel uns ein großer Stein vom Herzen.
Am nächsten Abend sind wir schön zu viert essen gegangen.


Am Freitag haben wir gemeinsam ein kleines Auto gemietet und sind zum Mont Saint Michel gefahren. Ein beeindruckendes Bauwerk, wenn auch sehr durch Tourismus belagert. Kaum vorstellbar, unter welchen Mühen allein die Bausteine dort hingeschafft wurden. 


Oben, vom Vorplatz der Klosterkirche, hat man einen weiten Ausblick über die Bucht.



Danach haben wir das Auto noch für einen doppelten Großeinkauf im Hypermarche Carrefour genutzt (z.B. Wasser und Wein).
Am dritten Tag in St.Malo sind wir durch die Stadt gebummelt und am Abend haben wir in einem Bistro das Fußballspiel Portugal gegen Deutschland gesehen.

Gestern ging es weiter, hier nach St. Quay Portrieux. Zunächst konnten wir schön mit halbem Wind segeln. Dann nach dem Kap Frehel, das übliche Theater: der Wind blieb weg, wir refften aus, der Wind hat es gemerkt und kam zu stark und aus einer anderen Richtung wieder. Also wieder reffen. Der Wind dreht wieder, um sich dann auf genau von vorne einzupendeln. Die letzten Meilen sind wir also wieder motort.


Der Ort hier ist schön gelegen, mit vielen schönen Häusern. Hier werden wir wieder einige Tage bleiben, zumal die Wetteraussichten nach wie vor nichts als Tiefausläufer versprechen und Jou-Jou wegen einer Undichtigkeit an der Welle an Land gestellt wurde. Da wollen wir sie nicht alleine lassen.





Dienstag, 5. Juni 2012

Guernsey, 5. Juni 2012

Drei Tage liegen wir jetzt in der Victoria-Marina von St. Peter Port auf Guernsey. Das Wetter war bisher durchwachsen aber meist schön. Heute dagegen ist es windig und regnerisch. Die Heizung läuft.
Eigentlich nicht das angemessene Wetter für das 60. Thronjubiläum der Königin Elisabeth, das heute hier gefeiert wird. Die Englandfähnchen und sonstige bunten Flaggen, mit denen die meisten Schiffe geschmückt sind, kleben traurig in der Nässe.
Gestern, einem Tag mit sehr klarer Sicht, gab es nach dem schönen Mondaufgang ein gewaltiges Feuerwerk über der Bucht, das von vielen Schaulustigen bewundert wurde.
Über das Wochenende hat sich der Hafen immer mehr mit englischen Segel- und Motorbooten gefüllt, die über die Toppen mit Flaggen und Wimpeln bunt geschmückt waren. Auch in den Strassen, den Häusern und in den Fensterauslagen der Geschäfte ist alles mit Bildchen der Königin und UK-Fähnchen verziert. 


St. Peter Port ist auch sonst ein quirliges Städtchen, dessen Strassen und Gassen in die umgebenden Hügel hinaufführen. Viele Geschäfte mit zollfreier Ware locken konsumwillige Kunden.
Die Kanalinseln sind weitgehend autonom und gehören nicht zur EU.


Besonders auffällig ist hier der Tidenhub von 8,50 m, der besondere Anforderungen an die  Ausgestaltung der Hafenanlagen stellt. Die Marina in der wir liegen ist in der Einfahrt durch eine Schwelle von der Bucht getrennt, die verhindert, dass das Becken bei Niedrigwasser leer läuft. Will man in den Hafen, muss man warten, bis der Wassertand so hoch ist, dass man gefahrlos über diese Schwelle fahren kann.